Aussenlandungen - damals und heute

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Moderator: aerotimmi

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swisseagle
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Aussenlandungen - damals und heute

Beitrag von swisseagle »

Mit den heutigen modernen Segelflugzeugen aus Verbundwerkstoffen, die Gleitzahlen z.T. weit über 40 aufweisen, sind Aussenlandungen erheblich seltener geworden als sie zu Zeiten damaliger Segler, wie z.B. Ka 6, Ka 8, SF 27, Bergfalke etc. waren.
Anfangs der Sechzigerjahre bis 1971 hatte ich die letzteren Muster, mit Ausnahme der Ka 6, geflogen, bevor ich in der Schweiz auf Reisemotorsegler umgestiegen war. Aussenlandungen waren damals auf Streckenflügen an der Tagesordnung, obwohl ich seinerzeit immer wieder mehrstündige Thermikflüge bis über fünf Stunden absolvierte.

Eine ungeplante Landung in freiem Gelände hatte immer etwas recht Spannendes an sich: Ging es mangels Aufwinden immer weiter abwärts statt aufwärts, musste man sich rechtzeitig für eine geeignete Wiese, ein abgeerntetes Getreidefeld oder notfalls für die Längsfurchen eines Kartoffelackers entscheiden. Mit Sperberblick suchte ich das gewählte Gelände nach Weidezäunen, landwirtschaftlichen Geräten oder anderen Hindernissen ab. Aufsteigende Rauchsäulen unterschiedlichster Art verrieten die Windrichtung, gegen die ich möglichst anzufliegen hatte.

Drei dieser Aussenlandungen sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. Beim Streckenflug für das silberne Leistungsabzeichen aus dem Raum Köln bis an die holländische Grenze landete ich auf einer ausgedehnten Wiese direkt an der Bundesstrasse bei Erkelenz. Die Landung verlief völlig problemlos. Als ich vom Telefonieren mit meiner Rückholmannschaft zum Flieger zurück kam, hielt ein Leichenwagen auf der Strasse. Zwei schwarz gekleidete Bestatter stiegen aus dem Fahrzeug und stapften quer über die Wiese auf mich zu. Sofort staute sich der ganze Verkehr mit sensationslüsternen Gaffern. Die beiden dunklen Gestalten waren jedoch völlig harmlos: Sie wollten nur meinen Segler aus der Nähe betrachten...……..

Ein andermal war ich mit dem schnittigen Leistungssegler SF 27 unterwegs, als es nicht mehr zu einer Landung auf dem heimischen Platz reichte. Neben einem ausgedehnten Kornfeld war nichts Landbares zu entdecken. Ich visierte das Feld an, fuhr die Störklappen aus und kurz vor der Berührung mit den fast ausgewachsenen Halmen wieder ein, damit diese vom hochstehenden Getreide nicht beschädigt wurden. Dann hörte ich hinten die Halme gegen das Leitwerk klatschen - anschliessend gegen den Rumpf und die Flügel. Eine Tragfläche tauchte ein und schon drehte sich der Segler um die eigene Achse. Der Flieger war jedoch schon so weit abgebremst, dass keinerlei Schaden entstand. Ich öffnete die Cockpithaube und stand kurz darauf mitten in den Aehren. Das bekam meiner hellen Kleidung, Hemd und Florida-Jeans, gar nicht gut. Am Getreide hingen Tausende kleiner grüner Raupen, die an mir zerplatzten und mich bald wie einen Metzger aussehen liessen, der soeben aus dem Schlachthaus zu kommen schien. Allerdings nicht mit rotem sondern mit grünem Blut besudelt.

Eine weitere Aussenlandung mit der Ka 8b auf einer Viehweide in hügeligem Gelände war etwas ganz Spezielles: Beim Anflug sah ich, dass eine Gruppe Kühe in einer Ecke stand oder lag und sich ruhig und friedlich verhielt. Also überflog ich in etwa zwei Metern Höhe den Weidezaun und setzte auf dem kurzen Gras auf. Als ich die Cockpithaube öffnete, trabte ein grosser Bulle langsam auf mich zu und blieb wenige Meter vor meinem Segler stehen, um mich mit offensichtlichem Interesse zu beäugen. Sofort schloss ich meine Haube und wartete und wartete, bis mich nach einer guten halben Stunde der Herr der Rinder, ein Bauer erlöste. Er trieb den Stier Richtung Stall, worauf ich endlich meinen Flieger verlassen und mich zum Telefonieren in eine nahe Gaststätte begeben konnte.

Diese Zeiten waren sehr erlebnisreich und ich lasse sie oft wieder Revue passieren. Mit dem Pilotieren von Motorseglern in der Schweiz sind solche Aktionen inzwischen historisch.


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